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Eine Expedition ins Klangreich
Fernweh weckt die Musik der Talking Horns. Denn
die musikalischen Schwergewichte für außergewöhnliche
Klang-Reisen verlassen oft das weitläufige Gelände des
Jazz und bummeln gerne auf dem Basar der Weltmusik. Ihre spielerischen
Szenen- und Instrumentenwechsel sind ein voll beladener Zug durch
alle Körperchakren. Angetrieben von einer Herde zahlreicher
Blech- und Holzblasinstrumente schlagen sie sich in die Presche.
Dieser Treck Richtung Soundprärie vermittelt den Eindruck,
dass da nicht nur ein Vierergespann, sondern eine ganze Big Band
unterwegs ist.
Der instrumentale "Fuhrpark" der Band
besteht aus schwerstem Gerät: Bassposaune, Baritonsaxophon,
Tuba und Sousaphon für tiefes, grooviges Gelände. Posaune,
Alt-, Sopran- und Tenorsaxophon navigieren in entlegene Täler,
wo die luftige Bassklarinette und das geschmeidige Euphonium für
weitere klangliche Bereicherung sorgen. Hier und da entdeckt man
eine flinke Flöte, gefolgt von einer eleganten Basstrompete.
Aus Kalebassen, Trommeln und "Funny Instruments", die
zwischen Madagaskar, Sri Lanka und diversen Flohmärkten im
Reisegepäck gelandet sind, fließen eigentümlich
rollende exotische Rhythmen.
Im Uptempo werden Sequenzen eines Balkan-Thrillers
angeschoben und können im allernächsten Moment mit elegischen
Passagen wechseln, die wiederum in eine melodische Karawane der
afrikanischen Steppe mit arabisch-fernöstlicher Tonfarben münden.
Einmal in Fahrt mutiert der Klangwagen zum fliegenden Sound-Teppich
und dann zum funky Raumschiff mit körperbetonten Rhythmen.
Die Anzahl der Koordinaten ist verblüffend.
Als amüsanter Trip durch die gesamte
Jazzliteratur mit neugieriger Spielfreude im Gepäck stoßen
die Talking Horns auf hohem technischen und musikalischen Niveau
auf zu ohrwurmbesiedelten Ufern. Die kaleidoskopisch in alle Himmelsrichtungen
gestreckten Stücke erinnern bisweilen an eine perfekt ausgefeilte
tonale Wanderung klassischer Streichquartette. Mit einer gehörigen
Portion im Jazz leider selten gewordener Selbstironie bleiben sie
ihrer Spur treu und verirren sich nicht in lähmender Kopflastigkeit.
Eine akustische Reise die von überall beginnen kann. Wieder
daheim wird man das Gefühl nicht los, die halbe Welt bereist
zu haben.
Stefan Nauheimer
Verwirrte Hirten:
Das etwas andere Weihnachtsprojekt der Talking Horns mit Geschichten
von Martin Stankowski
Ab November ist Stimmung im Kalender angesagt, die Zeit von Advent,
Winter und Weihnachten - aber auch die Zeit für Schnupfen,
Husten, Heiserkeit und darum auch die Chance zu Ruhe und Besinnlichkeit.
Häufig verbunden mit Blasmusik und befrachtet mit Nikolaus
oder Weihnachtsmann. Die Rheinischen Jazzbläser Talking Horns
suchen hinter den Weihnachtsbäumen nach Musik jenseits des
frommen Repertoires. Dabei streifen sie Bach und die Klassik ebenso
wie traditionelle Volksmusik, angereichert mit den wichtigsten Elementen
des Jazz, der Improvisation. Die herbst-winterlichen Empfindungen
der Blasmusikanten können durchaus auch mal sentimental sein,
ohne im Kitsch zu rühren: Sie bedienen sich der Melodien und
Musiken, die wir als typisch für Weihnachten kennen und machen
sich dann auf und davon unter dem weiten Himmel der Musik.
Martin Stankowski erzählt dazu die passenden Geschichten,
die die Feste und Riten auf das zurückführen, was sie
immer schon sind: Stimmungskanonen. Kein Zufall ist die Häufung
von Festen zwischen dem 11.11. über Nikolaus und Barbara hinweg
zu den Höhepunkten an Weihnachten und Neujahr bis zu den Heiligen
3 Königen im Januar. Ob Sonnenwende oder Jahresende, Rauhnacht
oder biblische Geburt - da ist viel Rummel im winterlichen Stimmungshaushalt.
Kelten, Germanen, Christen und der gute Luther mischten heftig mit
im Sagenkreis der Weihnachtszeit. Alles kommt vor, heilig und pagan,
gequirlt und gefiltert und dann wieder neue bepfeffert: frisch auf
den Gabentisch.
Martin Stankowski
Am liebsten redet er und erzählt und versucht mit dem gesprochenen
Wort nahe an der Alltagserfahrung zu bleiben. Selbst wenn das Wort
aufgeschrieben wird, bleibt es doch Teil unserer narrativen Kultur,
denn immer haben Menschen sich Geschichten erzählt.
Martin Stankowski ist Journalist, Autor und Geschichtenerzähler,
im Sauerland aufgewachsen, hat vor über 40 Jahren beim WDR
gelernt, auch studiert, Politik gemacht und sich vor allem Köln
und dem Rheinland verschrieben. Seine Bücher und gemeinsamen
Auftritte mit den Freunden und Kabarettisten Jürgen Becker
oder Rainer Pause, die anderen Stadterkundungen, die Klangstätten
mit den Talking Horns und Führungen haben zu einem neuen Bild
der Kölner über sich und ihre Stadt beigetragen. Für
den WDR hat er an Sendeformen und Konzepten mitgearbeitet wie den
"Funkhausgesprächen", an der Serie "Schräge
Orte - Starke Plätze" und im WDR gemeinsam mit Roger Willemsen
die "lange literarische Sommernacht" der von Sonnenunter-
bis Sonnenaufgang.
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von "Autoputt"
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