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José Afonso
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Bekannt ist die Rolle, die das Lied "Grāndola
Vila Morena" in der Nacht zum 25. April 1974 als heimliches Zeichen
für den Aufstand gegen das faschistische Regime in Portugal spielte.
Eine halbe Stunde nach Mitternacht liess ein eingeweihter Redakteur
der katholischen Radiostadion Renascenca das Lied über den Sender
gehen; die Offiziere der Bewegung der Streitkräfte (MFA) übernahmen
daraufhin das Kommando in den Kasernen. Stunden später erklang
das Lied ein zweites Mal im Rundfunk: Der Coup war gelungen, die ehemaligen
Kommandeure waren festgenommen worden oder übergelaufen.
JosJosé Manuel Cerqueira Afonso Dos Santos wurde am 2. August 1929 in
der portugiesischen Stadt Aveiro geboren. Der Sohn einer Grundschullehrerin
und eines Juristen studierte in den 50er Jahren im traditionsreichen
Coimbra und promovierte über J. P. Satre. Gleichzeitig machte
er sich als Fadosänger der klassischen Schule einen Namen. 1959
beginnt ein Umbruch in seinem Leben. Afonso heiratet, wird Vater,
muss nun Verantwortung für eine Familie übernehmen und arbeitet
für ein schmales Gehalt als Lehrer. Die Tätigkeit an einer
Abendschule konfrontiert ihn mit den sozialen Problemen seiner Schüler.
Er entdeckt auf eine neue Weise die Wirklichkeit seines Landes. Ein
Fischer sagt einmal zu ihm, das Erlebte sei zehnmal wichtiger als
das Gelesene. Afonso begreift, dass in dieser Zuspitzung viel Wahres
enthalten ist.
1960/61 entflammen die antikolonialen Aufstände in Angola und
Mozambique. Sie lösen Studentenrevolten in Coimbra und Lissabon
aus, gegen die das Salazar-Regime mit äusserster Härte vorgeht.
In diesen Jahren wird JosJosé Afonso zum streitbaren Sänger des
Volkes, was ihm Berufsverbot einbringt. Er mischt jetzt mit seinen
Liedern und seiner Gitarre überall da im Lande mit, wo die Unruhe
wächst - bei Streiks der Arbeiter, bei Aktionen der Studenten,
bei Kulturvereinen und anderen Sammelpunkten des Widerstands gegen
die Faschisten. Seine Texte füllen sich mit der Realität
der Gegenwart, und strahlen dabei einen grossen poetischen Reiz aus.
Und indem seine Melodien den Resonanzboden der Volksmusik zum Schwingen
bringen, indem José Afonsos Stimme und Interpretation hohe Intensität
und Spannung erzeugen - dadurch schafft er im Grunde ein neues portugiesisches
Lied. Es wird Anfang der 60er Jahre zur herausfordernden Alternative
für von den Faschisten zugelassene Pop-Musik: der genehmen anglo-amerikanischen
Kommerzmusik und der pseudo-volkstümlichen, heile Welt präsentierenden
Unterhaltungsmusik aus Portugal selbst. |
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